Finger weg von unvergüteten Praktika - Beispiel

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FuRanKu
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Finger weg von unvergüteten Praktika - Beispiel
Unvergütetes Praktikum ja oder nein?

Eine kleine wahre Geschichte aus unserem Uniforum. Ein Agentur AAA (alle Namen geändert) sucht Deppen - wie so viele. Diese Praktikumsangebote für nix häuften sich bei uns im Forum. Dann gabs eine Disskusion, AAA verlor haushoch, niemand hörte wieder was von ihr im Forum, und auch vor allen anderen Umsonstpraktikas war jetzt Ruhe. Achso, das war denen soooo peinlich das alle AAA-Forumseinträge nachträglich gelöscht wurden!!! Aber es gibt ja http://web.archive.org - ein Internetgedächtnis :lol:

Ich gebe zu etwas lange Geschichte aber sehr unterhaltsam und sehr aufschlussreich. Viel Spaß beim lesen:

[b]POSTING von AAA[/b]
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Offene Plätze für Praktika
AAA – die Agentur für Design sucht Praktikanten für die Tätigkeitsfelder Interface Design, Corporate Design oder Marketing in Weimar.

Gesucht werden aufgeschlossene Studenten der Fakultäten Gestaltung / Medien.

Überzeugen Sie uns mit Ihrer Begeisterung für visuelle Gestaltung und wenn möglich, mit aussagekräftigem Portfolio.


Im Zeitraum vom:
1. August bis 30. September


Ihre Aufgaben:
- Recherche
- Mitarbeit Konzeption
- Mitarbeit Analyse
- Entwurf


Voraussetzungen:
- Bedienung der grundlegenden Tools (Photoshop, Freehand, Illustrator, Dreamweaver)
- hoher gestalterischer Anspruch
- Teamfähigkeit

Ihre Bewerbungen bitte nur digital (per E-Mail) an praktika@AAA

Praktika können grundsätzlich nicht vergütet werden, können aber den Grundstein für eine langfristige freie oder feste Mitarbeit legen.[/code]

[b]ANTWORT von B[/b]
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Finger weg von kostenlosen Praktika
Ich finde die Postings auf dieser Pinnwand von Büros in Erfurt, Weimar und Jena, die ganz offen nach guten, aber unbezahlten Praktikannten suchen, eine echte Frechheit.

Nach einschlägigen Erfahrungen im Agenturgeschäft und in der Ausbildung von Design (von der Berufsbildung über die Uni bis zu Seminaren für Profis) möchte ich ALLEN Studierenden von einem unbezahlten Praktikum abraten.

DIe Argumentation der Praktikasuchenden ist immer die gleiche:
+ Ihr müßt gut sein (sonst werdet Ihr ohnehin nicht genommen)
- Ihr bekommt kein Geld, aber Erfahrungen und EVENTUELL einen Berufseinstieg

Was ist daran verkehrt?
Euer Bonus ist
+ Ihr bietet den Büros Eure Arbeitskraft an
+ Ihr seid motiviert, teamfähig und talentiert
Eure (von den Agenturen immer wieder vorgetragenen Nachteile)
- Ihr müßt noch lernen
- Ihr habt noch keine/wenige Erfahrung
- Ihr braucht Einarbeitungszeit und verschwindet bald wieder.
- Es sieht gerade schlecht auf dem Markt aus

Keiner der oben stehenden Punkte ist falsch, aber:
: Wenn Ihr nicht gut, motiviert und teamfähig wärt, würdet Ihr gar nicht genommen
: Ihr müßt Euch erst einarbeiten - das ist richtig, aber im Praktikum sollt Ihr (lest mal die Ausschreibungen genau) SELBSTSTÄNDIG arbeiten können - Ihr lernt also nicht nur von Euren Arbeitgebern (die normalerweise andere Dinge zu tun haben als Euch Händchen zu halten), sondern vor allem aus einer neuen Umgebung und einer fordernden SItuation heraus
: Für Routinearbeiten braucht man (und das ist es, was Praktikanten am häufigsten tun - fragt mal die, die das schon hinter sich hatten) nur kurze EInarbeitung - i.d.R. wollen die Büros Euch aber für mindestens 3-6 Monate
: Wenn es schlecht auf dem Markt aussieht, ist das nicht Euer Problem, sondern das der Büros. Wenn sie Jobs haben, die Ihr erledigen müßt, dann verdienen Sie damit Geld. Ein Teil davon steht EUCH zu, die Ihr die Leistung erbracht habt oder zumindest daran beteiligt wart! Dafür, daß Ihr nicht so schnell und erfahren wie ein Profi seid, bekommt Ihr auch nur einen Bruchteil der Kohle.

Ein Praktigehalt sollte zumindest eine spartanische Existenz ermögichen - of ja auch noch in einer fremden Stadt mit höheren Kosten.
Welche Agentur das nicht zahlt, betreibt Ausbeutung.

Woran aber die Wenigsten denken - Ihr ruiniert Euch Eure Zukunft!
Das ist kein Witz, sondern bitterer Ernst.
Irgendwann wollt Ihr einen Job finden, selbstständig oder angestellt. Überall, wo Ihr fragt, werden die Praktikanten sitzen, die - immer professioneller werdend - den Job für lau machen, mit dem Ihr Euer Leben finanzieren wollt.
Wenn Ihr einen Job habt, werdet Ihr Euch die Frage nach besserer Bezahlung verkneifen, denn der Prakti nebenan ist super kreativ und macht den Job - kostenlos!
Wenn Ihr freuberuflich arbeitet und feststellt, daß der Mitbewerber wieder mal billiger war - hatte der u.U. ja wieder mal eine kostenlose Arbeitskraft am Start für Leistungen, die Ihr nicht habt verschenken können, da Ihr auch im nächsten Monat die Miete bezahlen müßt.

Was seid Ihr Euch wert? - Hoffentlich mehr als Nichts!

Wer nicht merkt, das er hier der Karotte hinterher rennt, die man ihm mit dem Stock auf den Rücken gebunden hat, ist äußerst kurzsichtig:

Findet Ihr es richtig, das der Staat (über BaFög) oder Eure Eltern oder Ihr (durch Jobben) den Büros kostenlose Arbeitskräfte finanziert?
Wenn Ihr am effektivsten lernen wollt, dann tut das an der Uni. Mit Eurem Studienplatz erwerbert Ihr das Recht auf eine Ausbildung im angetretenen Studiengang - fordert das ein, wenn Ihr das Gefühl habt, an der Uni nicht genug zu lernen.

Nachsatz:
Laßt Euch nicht veralbern von Leuten, die behaupten, sie wüßten wie die Welt geht. Eine der spannendsten Dinge am Beruf eines Kreativen sind die unabsehbaren Herausforderungen, die jeden Tag auf Euch zu kommen können. Auch Profis stehen jeden Tag vor Fragen, die sie noch nie beantwortet haben. Und sie bekommen (natürlich) Geld dafür.

Nachsatz 2:
Um allen Anfeindungen, die mir die hiesigen Kollegen wohl jetzt zukommen lassen entgegenzutreten:
1. Ich arbeite als Grafiker zu ordentlichen Stundensätzen.
2. Ich bezahle meine Subauftragnehmer angemessen.
3. Ich arbeite auf einem Macs, obwohl die teurer sind.
4. Ich habe meine Software gekauft.
5. Ich lizensiere meine Schriften.
6. Ich investiere kostenlos Zeit in gemeinnützige Projekte
und die Weitergabe meines Wissens an Freunde und Kollegen.
7. Ich respektiere und achte die Arbeit meiner Kollegen und Mitbewerber.
8. Ich will nicht mit 40 eine eigenes Haus besitzen und ein 60.000-Euro-Auto fahren.[/code]

[b]ANTWORT von AAA[/b]
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Unvergütete Praktikumsplätze - AAA Stellungnahme
Ich möchte an dieser Stelle noch einen anderen Standpunkt zur doch recht emotional geführten Diskussion über unvergütete Praktikumsplätze einbringen:

Ein Praktikumsplatz dient aus meiner Sicht dazu einer Person Einblick in ein Fachgebiet zu geben und erste Fähigkeiten zu vermitteln bzw. bestehende Fähigkeiten auszubauen.

Auf unser Praktikumsangebot bezogen bedeutet das, dass Praktikanten bei AAA Einblick in die sehr spezielle Fachgebiete "Corporate Design" & "Interface Design" erhalten sowie ihre gestalterische Fähigkeiten auf diesen Gebieten erweitern können. Ein Praktikum ist deshalb für uns sehr zeitaufwendig und damit auch kostenintensiv. Unseren Nutzen sehen wir darin, dass wir Gestalter für unsere Fachgebiete gewinnen, die nach den hohen AAA-Qualitätsstandards arbeiten können.

Dieses Vorgehen ist für uns notwendig, da wir bisher trotz intensiver Suche keine geeigneten Gestalter für unsere Fachgebiete finden konnten.

Es sollte selbstverständlich sein, daß man als Praktikant/In für diese Art von Ausbildung keine Vergütung verlangt. Ich denke, eine Vergütung ist nur für den Fall gerechtfertigt, wenn eine Praktikant die Arbeit von freien Mitarbeitern übernimmt, eigenverantwortlich Projekte durchführt und damit zum Ertrag der Firma beiträgt.

Übrigens bedeutet "unvergütet" nicht, daß keine Spesen wie z.B. Fahrkosten erstattet werden.[/code]


[b]ANTWORT von D[/b]
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Re: Unvergütete Praktikumsplätze - AAA Stellungnahme
Hallo AAA,

werd doch mal bitte konkret, welche tolle Ausbildung Ihr denn anbietet. Du schreibst nur was von "Einblick erhalten", "Fähigkeiten erweitern". Das sind doch allgemeine Seifenblasen, die werden doch schon automatisch beim lesen rausgefiltert.


Weiter habt Ihr ganz knallharte Eigenintressen:
"Dieses Vorgehen ist für uns notwendig, da wir bisher trotz intensiver Suche keine geeigneten Gestalter für unsere Fachgebiete finden konnten."

Wenn Ihr über ein Berwerbungsgespräch nicht rausfinden könnt, ob jemand für den Job geeignet ist, dann wundert es mich. Was wollt Ihr mit einem Praktikanten, der dann wieder abhaut? Ist das unbezahlte Praktikum der Hinweis darauf, dass man glücklich sein kann, dann später 8€ die Stunde zu bekommen?


Davon abgesehen heißt ein Praktikum Praktikum, damit man Erfahrungen in der Praxis bekommt. Und für mich heißt das so zu arbeiten, dass ich auch die 400-700€Wert bin, die ich für das Praktikum bekomme. Alles andere ist kein Praktikum, das kann ich auch in der Uni machen (sollte man meinen).


Weiter im Text:
"Es sollte selbstverständlich sein, daß man als Praktikant/In für diese Art von Ausbildung keine Vergütung verlangt."

Es sollte selbstverständlich sein, dass jedes Praktikum bezahlt wird. Alles andere ist Tralala. Eine Firma, die kein Geld fürs Praktikum zahlt beutet entweder aus oder nimmt Ihre Praktikanten nicht ernst, sprich sie sind Ihr nix Wert.


Und jetzt der Hammer:
"Ich denke, eine Vergütung ist nur für den Fall gerechtfertigt, wenn eine Praktikant die Arbeit von freien Mitarbeitern übernimmt, eigenverantwortlich Projekte durchführt und damit zum Ertrag der Firma beiträgt."

Wieso soll ich dann Praktikant sein? Dann kann ich gleich mich als freier Mitarbeiter bezahlen lassen. Kommst Du mal irgendwann von Deinem "alles für Lau" denken weg?


Wenn Ihr kein Geld für Mitarbeiter habt, dann macht Ihr vielleicht irgendwas grundsätzlich falsch?


Aber vielen Dank für Deine Stellungnahme, hat nochmal klar Eure Einstellung zu dem Thema gezeigt.
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[b]ANTWORT von E[/b]
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unvergütete praktika
vielen dank für dein statement D. es war umfassend genug um uneingeschränkt zustimmen zu können. nur eines möchte ich mir erlauben anzumerken, denn am liebsten mag ich AAA folgenden satz:

> Dieses Vorgehen ist für uns notwendig, da wir bisher trotz intensiver Suche keine
> geeigneten Gestalter für unsere Fachgebiete finden konnten.

ich kenne ganz zufällig nicht nur eine person, die sich auf frühere anzeigen um eine freie mitarbeit bei AAA beworben haben und trotz zusage nie mitgearbeitet hat.

ganz offensichtlich liegt es also tatsächlich an der mangelnden kompetenz der bewerber.

mein vorschlag wäre also, ein eigenes institut zu gründen um eine ausreichende qualitätssicherung in der ausbildung zu gewährleisten, wenn nichtmal diplomanten mit bestnoten der eigenen fakultät den hohen ansprüchen genügen.

die dreistigkeit geht mittlerweile also über das erschleichen von arbeitsleistung hinaus, sie beleidigt zusätzlich implizit die lehre unserer fakultät und die qualität anderen praktikumsstellen die in einer reihe der lebensläufe steht: andere namhafte Agenturen, auch hier: kein unvergütetes praktikum
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[b]ANTWORT von AAA[/b]
[code]Unvergütete Praktikumsplätze - Nachtrag
Hallo Herr E, Hallo Herr D,

ich kann Ihre Aufregung über unvergütete Praktikumsplätze nicht verstehen.

Wir verstehen ein Praktikum als eine Form der Ausbildung. Dies bedeutet für uns Schulungsaufwand. Gerade im Bereich "Interface Design" gibt es sehr wenige qualifizierte Gestalter, die sich auf Bedienoberflächen für Windows 2000 & XP Applikationen sowie Longhorn Archetypes verstehen und den Ansprüchen unserer Kunden gerecht werden können.

Die Entscheidung ein Praktikum in Form eines Nebenjobs für Geld oder in Form einer Ausbildung für mehr Wissen & Erfahrung zu absolvieren liegt bei dem/der Einzelnen. Eine kombinierte Form wird es nur bei Firmen mit allgemeinerem Aufgabenspektrum geben.

Sollten Sie schlechte Erfahrungen mit Praktika gemacht haben bzw. ausgebeutet worden sein, dann tut mir das für Sie sehr leid und kann Ihnen versichern, bei AAA wäre das nicht passiert.

Herr E, sicherlich ist es verständlich, dass nicht jede Bewerbung auf freie Mitarbeit auch gleichzeitig zu einer Zusammenarbeit führt. Wir erteilen generell nach einer Bewerbung keine Zusage auf Zusammenarbeit sondern nur dafür, dass wir Sie in unsere Liste für freie Mitarbeiter aufnehmen. Aus dieser wählen wir dann je nach Projekt qualifizierte freie Mitarbeiter aus.

Herr D, ich möchte auch Ihren Vorwurf "(...) Kommst Du mal irgendwann von Deinem "alles für Lau" denken weg?" richtig stellen. Wir haben gerade wegen des hohen Schulungsaufwandes bisher noch keine Praktika angeboten bzw. durchgeführt und ausschließlich mit festen & freien Mitarbeitern bzw. Firmen zusammengearbeitet.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meinen Standpunkt noch etwas verständlicher machen und werde die Diskussion an dieser Stelle nicht weiterführen.

Sollten Sie Fragen zu einem Praktikum bei AAA auf den Gebieten "Interface Design" bzw. "Corporate Design" haben, können Sie mich unter 0000-00001 erreichen.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
AAA[/code]

[b]ANTWORT von E[/b]
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unvergütete praktika revisited
lieber D,

sei du auch ehrlich und gib es zu:

wenn wir eine agentur gründen würden, würden wir auch jammern das keiner unseren ansprüchen genügt (hungerlohn, höchste qualifikation). die müssen erst noch rekrutiert und erzogen werden.

da aber bisher keine unserer fragen beantwortet ist. halte ich es für ausreichend mit einer bitte abzuschließen:

wenn du eine agentur gründen solltest lieber D, würde ich mich freuen, wenn du mich weiter duzen würdest.

aber du hast ja auch kein problem mit einem interessanten diskurs oder einer unbequemen frage.

ps. arbeit ist, so lange sie mehrwert generiert und nicht vergütet wird, per definition ausbeutung. wenn sie keinen mehrwert schafft, also ausbildung bedeutet, dann sei ulf tatsächlich die institutsgründung empfohlen: es gibt keine brauchbaren mitarbeiter.[/code]


[b]ANTWORT von F[/b]
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Unvergütete Praktikumsplätze - Nachtrag
Ist es nicht ein wenig merkwürdig, von einem Praktikanten vorrauszusetzen, dass er vollkommen unfähig daher kommt und den Umgang mit solch komplexen Systeme wie z.B. Windows XP erst erlernen muss? Ist es nicht gelegentlich so, dass Geschäftsführer einer Agentur teilweise Angst bekommen müssen, wenn sie sehen, zu welch grandiosen Leistungen so manch siebzehjähriger Schuljunge fähig ist? Actionscript 2.0, PHP, MySQL, von sehr guter Gestaltung und guter Usability ganz zu schweigen.
Die Vergütung von Praktika ist von Fall zu Fall zu betrachten und zu entscheiden. Jedoch sollte man nicht pauschal davon ausgehen, dass man als Anbieter von Praktika einem Praktikaten nur Gutes tut, ihm Wissen vermittelt und ihn nicht bezahlen möchte. Auch das Gegenteil kann der Fall sein.
Ich kann also die Meinung von "Herrn E" voll und ganz teilen.

MIt ebenso freundlichen Grüßen
F[/code]

[b]ANTWORT von G[/b]
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Suche auch Deppen für lau
Zum Thema Praktika ist, glaube ich, nichts mehr hinzuzufügen - wer Kohle hat bezahlts auch.
Wollte nur kurz darauf hinweisen das sich die Suche nach Doof nicht nur auf "Praktika" erstreckt - auch im Filmbusiness sucht man noch Deppen. Solls ja scheinbar hier im Osten vermehrt geben.
Komisch im Westen wird jedes Praktikum bezahlt und für Komparsen gibts auch Kohle. In Köln so 50-100 Euros am Tag (je nach Rumstehen bis zu kurz Reden)
Aber man kanns ja mal versuchen, oder?

Viele Grüße ausm Praktikum

PS: Warum bekommen die eigentlich einen Login? Wenn eh schon zensiert wird, dann bitte auch gegen Deppen-Spam.[/code]

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