Freelancen - wieviel bin ich wert?

Wer gerade dabei ist sich selbstständig zu machen oder neben dem Studium als Designer arbeiten will, kommt zwangsläufig zu dem Punkt an dem er sich fragen stellt wie: wie berechne ich mein Gehalt, was brauche ich im Monat, bin ich zu teuer oder vielleicht zu billig ... wenn es dir so geht, findest du hier ein paar Antworten. 

Das es ein Buch "VGT - Vergütungstarif Design" zu dem Thema vom AGDgibt, ist für die Meisten sicherlich kein Geheimnis mehr. Allerdings scheuen sich Viele das Geld für diese Lektüre auszugeben. Deswegen haben wir hier noch einmal ein paar andere Quellen und Meinung eingeholt, die einen ersten Einstieg in das Thema geben sollen. 
Generell gilt, Honorare sind Verhandlungssache und die hier genannten Zahlen sind nur Richtlinien (auch laut Aussage der Verbände) und keineswegs gesetzte Standards! 

Wie gehe ich mit den Fragen zu Geld und Honorar um? 

Wichtig ist neben dem "wieviel" auch der Umgang mit Kunden, Verträgen, Abrechnungen und Mahnungen. Nach wie vor gibt es zu viele Designer oder angehende Designer die auf Grund von Unerfahrenheit und Unsicherheit ihre Leistungen zu billig verkaufen. Leider schadet das nicht nur dem Berufsstand allgemein, sondern auch den jeweiligen Designern. Denn, wenn der Kunde erst mal an die günstigen Preise gewöhnt ist, wird es schwierig später den Preis zu erhöhen. 
Zu diesem Thema gibt es eine wirklich gute, sehr unterhaltsame Umfrage. Dort wurden 50 Designer zu "Was sind für Dich die drei schwerwiegendsten Verhaltensfehler im Zusammenhang mit Geld und Honorar?" und "Was sind für Dich die drei wichtigsten Tipps an Freunde und Kollegen im Zusammenhang mit Geld und Honorar?" befragt. 

Wieviel Geld bin ich wert? 

Der AGD empfiehlt einen Stundensatz von 76 € (+verschiedene Multiplikatoren), der BDG von ca. 47,50€ (für Berufseinsteiger + verschiedene Multiplikatoren und Nutzungshonorar) und einige Designer beschweren sich darüber, dass sie nicht mehr als 10 € bekommen. Das Eine mag sich viel, das Andere viel zu wenig anhören. Geht man davon aus, dass man Kranken.-, Renten.- und Pflegeversicherung in voller Höhe zahlen muss und vielleicht noch ein kleines Büro irgendwo hat, merkt man schnell, dass selbst die "dicken Stundensätze" manchmal gerade so zum Leben reichen. Gerade wenn man als Freiberufler nicht jeden Tag einen Job hat und man auch über die Dürrezeiten irgendwie hinweg kommen muss.Generell sollte sich Jeder, ob fertiger Designer oder nicht, einmal darüber im Klaren sein was er verdienen will und basierend darauf einen Stundensatz errechnen. 
Wenn wir einmal beispielhaft der Berechnung den Verdienstspiegel von coroflot zu Grunde legen, dann erhalten wir folgendes Minimum, mit dem man sicherlich auch noch gut leben kann: 

Grafik : 34 722 € Junior Freelancer/Grafikdesigner im Jahr laut Coroflot Umfrage 2008 
Hinzu kommen noch Büro, Laptop und Softwarekosten. Hier rechnen wir Beispielhaft 6000 € Büro (500 im Monat) + 1000 für Rechner und Software sowie 1000€ für Verbrauchsmaterialien wie Papier Briefmarken CDs... 

Gesamt : 42722 € im Jahr / 210 Arbeitstage / 8 Std. = 25.43 Euro in der Stunde (vor Steuern) WENN man das ganze Jahr arbeitet. Geht man aber davon aus, dass man im Jahr nicht jeden Tag einen Auftrag hat (was durchaus der Fall sein wird), und will man auf den gleichen Betrag kommen, sollte man also mindestens 50€ in der Stunde verlangen. 

Als Vergleich, das Durchschnittseinkommen eines Arbeitnehmers der ungleich weniger Risiko hat, und das ganze Jahr mit Arbeit und Arbeitsmaterialien versorgt wird. Das liegt in Deutschland im Schnitt bei 36924 Euro (Sternumfrage 2007). 

Also, wenn ihr ernsthaft mit legaler Software in einem passenden Umfeld professionell arbeiten wollt (und das auch nach dem Studium), sollte euer Mindestlohn 50 Euro pro Stunde nicht unterschreiten. 
Dies sollte aber lediglich die Grundlage der Kalkulation sein. Es kommen noch solche Sachen wie Nutzungsrechte (regional/überregional/weltweit) hinzu. Es gibt auch des Öfteren Pauschalen für verschiedene Tätigkeiten wie zum Beispiel Logodesign. Diese haben den Vorteil das Jeder genau weiss was er bekommt (Leistungen sollten in einem Angebot festgelegt werden, z.B. die Anzahl der Korrekturen und die, der Entwürfe) und dass man, wenn alles sehr glatt läuft (was meist nicht der Fall ist), noch einen besseren Schnitt macht. Wichtig ist auch, man sollte den Preis im Nachhinein nie zu stark nach unten korrigieren, da würde sich der Kunde nur veralbert vorkommen (warum war denn der Preis so hoch) und mir als Designer würde ich ins eigene Fleisch schneiden, wenn es beim nächsten Mal nicht so glatt läuft. 
Wie diese Pauschale aussieht müsst ihr schon selbst recherchieren und es kommt auch ein bisschen darauf an, ob die CI für den Pizzabäcker um die Ecke (der oft nur lokale Interessen hat) oder die Multimillionendollar-AG ist, die weltweit operiert. 

Was verdiene ich wenn ich Diplom habe? 

Gemessen an den Vorschlägen von den diversen Verbänden und der oben genannten Berechnung würden wir folgedes vorschlagen: 

1.) Selbstständiger Juniordesigner nach Abschluss des Studiums mit etwas Erfahrungen aus selbstständiger Arbeit und Praktika 50€ (entspricht ca. BDG Ausgangsgehalt ohne Multiplikator) 
2.) Selbstständiger Designer mit Berufserfahrung 75€ (entspricht AGD ohne Nutzungsmultiplikatoren) 
3.) Professioneller, selbstständiger Gestalter mit einigen Jahren an Berufserfahrung 100€ 
4.) weitere Staffelung nach Verantwortung und Berufserfahrung 

Wichtig ist hierbei, dass es sich um selbstständige, kreative Tätigkeit handelt und nicht bloß um ausführende Tätigkeit! 
Hinzu kommen selbstverständlich noch Multiplikatoren zum Nutzungumfang. Diese liegen zwischen 1.0 und 2.0, genaueres hierzu bei den einzelnen Verbänden oder durch eigene Onlinerecherche. Viele Designer rechnen auch auf die Stunden noch einmal einen persönlichen Multiplikator oben drauf, da man meist von weniger Stunden ausgeht als man braucht und häufig "kleine Dienste" wie persönliche Beratung etc. nicht verrechnet werden. Dieser kann von 1.1-1.5 reichen. 

Aber bin ich als Student nicht weniger wert? 

NEIN, wenn du als Student professionelle und gleichwertige Arbeit leistest bist du auf keinen Fall weniger wert. Wenn du keine professionelle Arbeit leisten kannst, dann lass die Finger von dem Job und beschäftige dich vorerst mit zuarbeiten/ausführenden Arbeiten wie Photoshop, Illustrator ... eben mit Sachen die du wirklich kannst und für die du auch professionell abrechnen kannst. Denn erstens, schadest du mit unprofessioneller Arbeit nur dir selbst, und zweitens sollte man sich einfach nicht unter Wert verkaufen! 
Man braucht vielleicht länger, als der Profi mit 20 Jahren Berufserfahrung, jedoch gibt es genau hierfür die unterschiedlichen Grundgehälter. Wenn ein Profi für ein Logo 6 Stunden braucht - rein hypothetisch - würde er dafür 600 Euro + Nutzungsrecht bekommen. Wenn die selbe Arbeit ein weniger erfahren Designer macht würde der evtl. 12 Stunden braucht, würde er bei 50 Euro/Std. ebenfalls 600 Euro bekommen. Die zusätzliche Zeit wird also über den geringeren Stundenlohn aufgefangen. 
Gerade bei der Endsumme wird es später schwer mehr zu verlangen und es ist in den meisten Fällen auch nicht möglich. 
Wenn du heute eine Currywurst kaufst, wärst du bereit morgen für die gleich Wurst das Doppelte zu bezahlen, nur weil der Verkäufer befördert worden ist? 
Wenn jedoch das Endergebnis und der Preis sich nicht ändern ist mir als Kunde egal wie lange der Gestalter gebraucht hat. Frei nach dem Motto, ein Fließenleger wird nach Euro pro Quadratmeter bezahlt, die Zeit spielt dabei hauptsächlich für ihn eine Rolle. 
Alles ist Verhandlungsache... 

Wie schon erwähnt ist alles nur ein Richtwert und es hängt im Endeffekt nicht nur von der Qualität der Arbeit, sondern auch stark vom eigenen Verhandlungsgeschick ab. 

Wichtig ist hier : 

1.) Wissen warum man was und wieviel wert ist! 
2.) Über Geld reden und ein genaues, transparentes und nachvollziehbares Angebot schreiben! 
3.) Keine überzogenen Rabatte aus Mitleid oder Angst den Job zu verlieren gewähren, wer professionelle Arbeit leistet, sollte dafür auch entsprechend entlohnt werden. Oder habt ihr schon mal einen neuen Mercedes zum Preis eines Fiat Punto gesehen? 

Generell sollten nach der Verhandlung BEIDE Seiten mit einem guten Gefühl aufstehen und sich in die Augen blicken können. Vertrauen ist die Grundlage einer jeden guten (Geschäfts-) Beziehung. 

Die Realität sieht anders aus! 

Viele sagen das reale Preise anderes aussehen und dass man das Vorgeschlagene meist nicht bekommen kann. Dies stimmt leider auch häufig und liegt leider, nicht zuletzt auch an uns Designern. Das es auch anders geht, zeigen gerade viele Agenturen in ihrer Preisgestaltung. Diese liefern meist genauso professionelle Arbeit wie Freelancer, haben aber einen entscheiden Vorteil: Sie sind sich über ihre Kosten und ihrer Leistung im Klaren und können deswegen überzeugend und sicher verhandeln. 
Man sollte sich auch darüber im Klaren sein was man alternativ dazu verdienen kann, wenn man z.B. als Kellner arbeitet. Wenn man so einen Nebenjob anfangs hat, kann man es sich erstens leisten NEIN zu sagen und zweitens hält es die Preise auf einem angemessen Level. Dies hilft nicht nur der Selbstachtung, sondern bestärkt auch den Wert der eigenen Arbeit! 

Wie berechne ich die Kosten? 

Da Viele nicht wissen wie lang sie für einen Job brauchen und was ihre Arbeit kosten, hier ein Tipp für den ersten Job. Informiert euch bei professionellen Kollegen, evtl. Verbänden, Profs und im Internet (Achtung, nicht die Dumpingpreise von Fernostbilliganbierterportalen heranziehen, bei denen kostet das Mittagessen auch nur einen Euro) über die Kosten der Arbeit die ihr gerne anbieten wollt und errechnet daraus einen Durchschnittswert. Hier ist es extrem wichtig dass ihr bei eurer Umfrage nach Bedingungen wie z.B. Anzahl der Korrekturen (im Regelfall 2-3), Nutzungsmultiplikatoren und nach der Größe des Kunden fragt. 
Mit diesem Wert schreibt ihr dann ein erstes Angebot. Sollte der Auftrag zu Stande kommen, führt genau Protokoll darüber, wieviel Zeit ihr investiert habt und was ihr gemacht habt. Dies kann ganz leicht in einer Exeltabelle erfolgen. 

Ein Beispiel wäre: 

16.3 Konzeptphase (Entwicklung von 3 Ideen) 4 Std. 
17.3 PDF schreiben und Präsentation der Ideen 1 Std. 
17.3 Illustratorzeichnung von 2 Ideen 3 Std. 
... 
27.3 Brennen einer CD und Versand an den Kunden 1 Std. 

Damit kann man ausrechnen wie lange man gebraucht hat und somit auch den Stundenlohn ermitteln. Daraus lässt sich zudem ablesen wie gut ihr seid und wo ihr beim nächsten Mal Änderung vornehmen solltet. 
Es ist dabei sehr wichtig, dass ihr von einem realitätsnahen, gut recherchierten und professionellen Preis ausgeht! Wenn ihr diesen durch 75€ teilt, bekommt ihr die ungefähre Anzahl der Stunden, die ein professioneller Gestalter für die Arbeit brauchen würde. Dies ist allerdings nur ein Richtwert, da er nichts über die Qualität der Arbeit aussagt und euch lediglich ein Gefühl dafür geben kann wieviel ihr verlangen könnt und wieviel Zeit ihr habt! 
Generell bevorzugen die meisten Auftraggeber ein Pauschalangebot, sprich, alle ein Angebot in dem alle Kosten enthalten sind. 

Zu guter Letzt 

Diese Vorschläge sind nur Richtwerte, letztendlich kommt es auf euer Talent, euer Verhandlungsgeschick und eine gute Selbsteinschätzung an! Des Weiteren wurden hier keine Nutzungsrechte und ähnliches behandelt, diese müsstet ihr selbst erfragen bzw. "ergooglen"! 
Generell gilt, redet darüber und fordert das ein was euch zusteht, denn nur so kann sich ein transparenter und fairer Markt entwickeln! 
Was ihr wert seid, und wieviel ihr bekommt liegt nicht zuletzt an euch, da Designer keinen Berufsverband haben der die Preise festlegt, muss jeder diese für sich selbst erarbeiten. 

Ihr werdet euch vielleicht auch gefragt haben, warum hier kein Praxisbeispiel aufgeführt wurde, nach dem Motto ein Logo kostet XXX Euro. Das liegt zum Einen daran, dass man so was nur machen könnte wen man eine quantitativ repräsentanive Umfrage machen würde (bei der alle an einem ähnlichen Projekt gearbeitet haben müssten) und zum Anderen daran, dass es einige Adressen im Internet gibt, die dieses Thema behandeln (siehe Links). 

Forumsdiskussion zum Thema 


Weitere Links zum Thema: 

Was verdienen Selbstständige in Deutschland? 
http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/karriere/:%0A%09%09Der-Was-Selbstst%E4ndige/614790.html 

Gehaltstabelle für Angestellte in Deutschland 
http://www.stern.de/media/pdf/gehaltstabelle2007.pdf 

BDG (Bund deutscher Grafikdesigner) - kostelosen Honorrarrechner für alle Macuser: 
http://www.bdg-designer.de/index.htm 

Freelance Switch - Gehaltsrechner 
http://freelanceswitch.com/rates/ 

Coroflot Gehaltsvergleich 
http://www.coroflot.com/designsalaries/ 

Wolfgang Beinert - Wie werden Designleistungen kalkuliert und vergütet? 
http://www.beinert.net/faq/verguetung.html 

AD!Think Werbeagentur - Was kostet Kommunikation? 
http://www.adthink.de/2005/start/index.php?page=5#n59 

ver.di - mediafon - Informationen zu Preisen 
http://www.mediafon.net/empfehlungen_empfehlungen.php3?si=49bf5b9c498fa&view=1&view=1 

ver.di - mediafon - Design-Vergütungstarifvertrag 
http://www.mediafon.net/meldung_volltext.php3?si=49bf5b9c498fa&id=43147c3ddf06c&akt=empfehlungen_empfehlungen&view=1&lang=1 

ver.di - mediafon - Vergütung von Illustrationen 
http://www.mediafon.net/meldung_volltext.php3?si=49bf5b9c498fa&id=4623a271b5575&akt=empfehlungen_empfehlungen&view=1&lang=1 

Empfehlungen des Berufsverbandes Design Austria für Grafikhonorare in Österreich 
http://www.comunit.at/downloads/grafikhonorare-com_unit%20.pdf 

Wiege Entwicklungsgesellschaft - Werkbericht Designkosten 
http://www.design-information.de/Designkosten.pdf 


Bücher zum Thema 

Corporate Design - Kosten und Nutzen 
Designers - Calculator 
Designers - Manual 
Was kostet - Grafik-Design? 
Was kostet Web-Design?

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