Lette-Verein Berlin Grafikdesign

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vomsaturn
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Lette-Verein Berlin Grafikdesign

Hallo!

Ich möchte mich dieses Jahr am Lette-Verein Berlin für den Ausbildungsgang Grafikdesign bewerben.

Gibt es hier vielleicht jemanden der seine Ausbildung dort macht und ein wenig darüber erzählen kann? Finde im Internet nur sehr wenig zum Lette-Verein, speziell zum Fachbereich Grafikdesign und wüsste gerne wie hoch zum Beispiel die Anforderungen sind was die Mappe und die Prüfung betrifft (vergleichbar mit Kunsthochschulen?), wie hoch die Bewerberzahlen sind und wie gut die Ausbildung gefällt?

Vielleicht kennt ja jemand wen oder macht seine Ausbildung selber dort. Würde mich sehr über eine Antwort und ein paar Infos freuen :-) 

 

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spicytuna
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Bonjour. :-)

Ich habe im August 2015 nach bestandener Aufnahmeprüfung meine Ausbildung als Grafikdesignerin beim Lette-Verein begonnen und aus privaten Gründen nach 1 1/2 Jahren pausiert und wenig später vorzeitig beendet. Aktuell habe ich mich doch noch mal an ausgewählten Unis heran getraut und da ich gerade die Aufnahmeprüfung an der Kunsthochschule Weißensee absolviert habe (wer sich dahingehend für einen aktuellen Stand interessiert, der finden dazu ebenfalls einen Beitrag von mir), kann ich sagen, dass zwischen beiden Prüfungen Welten liegen. 

Die Prüfung

Der Prüfungstag begann damals um 10:00 Uhr, eingeladen waren 60 Personen, von denen später 30 ein positives Antwortschreiben erhielten. Insgesamt gibt es pro Jahrgang zwei Kurse mit jeweils 15 Auszubildenden. Man hatte bis etwa 17:00 Uhr Zeit, jedoch sah man die Begrenzung nicht so eng. Nachdem sich der Abteilungsleiter vorstellte, nannte er die Aufgaben, welche es zu bearbeiten galt:  

1. Zeichnen Sie szenisch Ihren Weg durch Berlin. 

2. a) Gestalten Sie ein Plakat zum Thema "Kreuzberg fasziniert". 

2. b) Beschreiben Sie kurz Ihr Plakat-Konzept. 

Die Gestaltungsmittel für alle Arbeiten waren frei wählbar, vor Ort wurde den Bewerbern Zeitschriften und Papier zum collagieren gestellt. Stifte, A3 Papier und andere benötigten Materialien musste man selbst mitbringen. Während der Prüfung wurde nach alphabetischer Reihenfolge immer einzeln zum Gespräch rein gebeten. Dieses fand mit dem Abteilungsleiter und einer weiteren Dozentin in einem seperaten Raum statt und dauerte etwa 10 Minuten. Gemeinsam wurde sich die Mappe angeschaut, wozu einige Fragen gestellt wurden. Darüber hinaus wurde es allgemeiner: "Was hast du bisher so gemacht?", "Wer inspiriert dich?" Generell würde ich sagen, dass sich das Gespräch nicht groß von den Interviews an den Kunsthochschulen unterscheidet, höchstens was die Anzahl der Fragenden anbelangt, da sind 2 natürlich schon entspannter als 8 oder 10. ;-)

Was die Mappe anbelangt, empfinde ich persönlich Mappenkurse als überteuert und überflüssig. Plane ausreichend Zeit ein, um ca. 20 +/- Arbeiten vorlegen zu können, die veranschaulichen, wo deine persönlichen Interessenfelder liegen. Ich hatte sehr viele Illustrationen drin und selbstredend sah meine Mappe von der Kunsthochschule Weißensee komplett anders (konzeptioneller) aus als für den Lette-Verein, da ich mittlerweile nicht nur  reicher an Erfahrungen, sondern auch den gestalterischen Möglichkeiten bin. Über typografische Arbeiten wird sich meines Wissens nach per se gefreut, da davon wohl in den Mappen zu wenig vertreten sind. 

Die Ausbildung

Vorweg sei gesagt, dass die Ausbildung rein schulisch ist, somit befindet man sich unter der Woche bis auf Ausnahmen stets ab 8:15 Uhr in den Räumlichkeiten. Der Unterricht geht meist bis ca. 16 Uhr, wie an anderen schulischen Einrichtungen sind Pausen inbegriffen. Das Schulgeld beträgt monatlich 95€, was ich angemessen finde, da es sich beim Lette-Verein um einen öffentlichen Träger handelt, der finanziell irgendwie am Leben erhalten werden muss. In Ausnahmefällen kann man sich wohl mittlerweile bei entsprechenden Nachweisen davon befreien lassen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, Schüler-BAföG zu beziehen, welches im Gegensatz zum Studenten-BAföG nicht zurück gezahlt werden muss. Durch die bereits während der Ausbildung anstehenden Projekte und die regelmäßigen Hausarbeiten würde ich mir die Aussage erlauben, dass es sich als eher schwierig gestaltet, nebenher locker flockig jobben zu gehen und beides unter einen Hut zu bekommen. Darüber sollte man sich unter anderem im Klaren sein. In den Kursen hat man eher wenig Verständnis, wenn du die und die Abgabe nicht liefern kannst, weil du gestern arbeiten musstest, um deine Miete zahlen zu können. 

Abgesehen davon wird einem ein breites Spektrum geboten. Allein der Kurs der Analogen Fotografie in den ersten beiden Semestern erfreut sich einer konstanten Beliebtheit, da einem die Möglichkeit geboten wird, Kenntnisse zu erlernen und zu vertiefen. Darüber hinaus fängt man halt im Urschleim an. Soll heißen, dass noch keine krassen Skillz vorausgesetzt werden, da du ja vor Ort bist, um zu lernen. Allerdings musst du eine gewisses Engagement und die nötige Motivation sowie Eigeninitiative mitbringen, manchmal ist die Zeit in den Kursen einfach zu knapp und somit steht Heimarbeit nicht selten auf dem Plan. Der Stundenplan ist reichhaltig und dabei insbesondere zu Beginn eine gesunde Mischung aus digital und analog. Einige Beispielfächer lauten: Typografie, Digitales Gestalten, Illustration, Design- Kunst- und Mediengeschichte*, Modulares Gestalten, Multimedia, Bewegtbild, Siebdruck, Form und Farbe, Präsentations-Englisch, Sozialkunde.

Die Kurse sind mit maximal 15 Leuten überschaubar und es herrscht ein sehr angenehmes Klima. Durch gemeinsame Unterrichtsfächer wie beispielsweise Englisch oder DKM*-Geschichte kommt man auch regelmäßig mit dem anderen Grafik-Kurs in Kontakt. Darüber hinaus gibt es in den ersten beiden Semestern drei Designprojekte, die einem Einblicke in die Fachbereiche Mode- und Fotodesign bieten, da man gemeinsam in Dreiergruppen (bestehend aus je einem Schüler des jeweiligen Bereichs) eine Aufgabenstellung bearbeitet und schlussendlich präsentiert. Diese Zusammenführung hat mir sehr gut gefallen und ich hoffe, dass das Fach aufgrund positiver Resonanz weiterhin beibehalten wird. 

Fazit

Der Lette-Verein hat einen sehr guten Ruf und besitzt diesen nicht ohne Grund. Wenn man sich reinhängt und kein Problem damit hat, dass es hin und wieder etwas "klassisch" zugeht (die bloße Anwesenheit macht einen nicht unwesentlichen Teil der Gesamtnote aus), der kann es weit bringen. In Berlin und Umland gibt es vergleichsweise nichts auf diesem Niveau. Wer möchte sich schon gern irgendwo einkaufen? Ich halte wenig von Schulen oder Ausbildungsinstitutionen, wo man im Monat mehrere hunder Euro blechen muss, um sich am Ende mit einem Zertifikat in den Berufsdschungel zu begeben. Schlussendlich entscheidet das aber ein jeder für sich. 

Ich hoffe, das waren erst einmal hinreichende Informationen. Wenn du Fragen oder Anmerkungen hast, kannst du mir auch gern eine Mail senden. :-)

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spicytuna
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[quote=spicytuna]

kann ich sagen, dass zwischen beiden Prüfungen Welten liegen. 

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Memo: Beim Lette-Verein handelt es sich bei dem Prüfungstag tatsächlich um einen Tag, den ich als verhältnismäßig "entspannt" wahrgenomen habe. Es war genügend Zeit, die Aufgaben zu bearbeiten, ohne in eine Schaffens- oder gar Sinnkrise zu stürzen. Die Aufgabenstellung an der Kunsthochschule Weißensee fand ich dahingehend wesentlich anspruchsvoller und die Zeit (2 Tage von 10:00 - 18:00 Uhr) habe ich auch vollständig ausgeschöpft. Beide Prüfungen haben mir aber trotzalledem Spaß bereitet. 

vomsaturn
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Hey, 

vielen, vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet eine zu bekommen. :-) Auf jeden Fall kann ich mir jetzt ein bisschen mehr darunter vorstellen was vor mir liegt. Und gerade das schulische System ist es, was mich an der Ausbildung so reizt. Eine klare Struktur und ein klarer Zeitplan, eine Klasse die fest bestehen bleibt. Das fühlt sich so an, als wäre es genau das richtige für mich. Deswegen bin ich auch dankbar für jede Info die mir helfen könnte.  Studieren an der Uni ist wohl einfach nicht so mein Ding, zumindest an einer "normalen" Uni. 

Hast du eine grobe Vorstellung wie viele Mappen da überhaupt so eingehen, also wie viele letztendlich nicht zur Prüfung eingeladen sind? Da ich im Internet allgemein nicht so viel zu der Ausbildung finde, hoffe ich natürlich dass die Bewerberzahlen eher übeschaubar sind laugh. In Münster an der FH habe ich es schon zwei mal nicht geschafft und auch wenn seit dem viel Zeit vergangen ist und ich mich deutlich verbessert habe (die Mappen von damals würde ich heute nicht mehr abgeben), nagt das am Selbstbewusstsein und ich möchte endlich mal weiter kommen. Deswegen bin ich besonders beim Thema Mappe super verunsichert. Würdest du also auch sagen, dass zwischen den Anforderungen für die Mappe Welten liegen (also zwischen Hochschule und Lette-Verein)?

Letzte Frage: Hat es in Weißensee für dich geklappt? :-) 

Liebe Grüße.

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spicytuna
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Hui, irgendwie wird man gar nicht per Mail benachrichtigt, wenn jemand auf einen geschriebenen Beitrag antwortet?

In jedem Fall nichts zu danken und gern geschehen. :-)

Wenn du also wie beschrieben mit dem System konform bist, dann kann ich dir den Lette-Verein wirklich noch einmal wärmstens ans Herz legen, du wirst dich dort sehr wohl fühlen und sämtlichen Stuff von Beginn an lernen und vertiefen. 

Wenn ich nicht gänzlich daneben liege, geht es jetzt also nur noch darum, deine Zweifel und Unsicherheiten hinsichtlich der Anforderungen wegzuwischen, damit du die Mappe voller Zuversicht abgeben kannst.
Ist die Hausaufgabe mittlerweile schon online? Sofern sich am System nichts geändert hat, muss diese ja eingereicht werden, bevor es zur Mappenabgabe samt Prüfung kommt. 

Wo liegen deine persönlichen Stärken? Diese sollten sich in deinen Arbeiten spiegeln. Ein roter Faden ist nicht verkehrt, aber auch nicht zwingend erforderlich. Vielseitigkeit hingegen wird gern gesehen, da du dich ja während der Ausbildung auch in verschiedenen Bereichen behaupten musst, bevor du dich letztendlich spezialisierst. Analoge Arbeiten kommen keinesfalls besser oder schlechter an als digitale. Sei du selbst, alles andere endet langfristig in einer Sackgasse. 

Wie viele Grafikdesign-Bewerber der Lette-Verein jährlich zählt, kann ich leider nicht beantworten. Da es vergleichsweise keinen derartigen Ausbildungszweig (in Berlin) gibt, rechne ich aber schon mit einer höheren Zahl. Davon solltest du dich jedoch nicht abschrecken lassen. In meiner Aufnahmeprüfung saßen mehrere Kandidaten, die durchweg Manga gezeichnet haben. Die haben allesamt - Achtung, Spoilerwarnung - keine Zusage erhalten. "Warum nicht?" lautet jetzt die 100000€ Preisfrage. Auch muss man in dem Fachbereich keineswegs (annähernd) perfekt zeichnen können. In meinem Kurs war eine äußerst kreative und clevere Mitschülerin, die die Kommission mit einer reinen Fotografie-Mappe überzeugen konnte. So etwas ist natürlich eher die Ausnahme und nicht die Regel, aber wenn deine Ideen punkten, dann können eventuelle Vorstellungen auch mal umgeworfen werden.

Falls du weitere Fragen hast, kannst du diese gern weiterhin äußern. Ich schaue hier ab und an mal rein, während ich auf eine Antwort von Weißensee warte. Seit der Prüfung ist gerade mal etwas über eine Woche vergangen, aber ich müsste demnächst benachrichtigt werden. :-)

 

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spicytuna
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Post Scriptum: Nehme mal an, das du die Seite schon hinreichend studiert hast: http://www.letteverein.berlin/grafikdesign/grafik_bewerbung/

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Blacksmith
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[quote=spicytuna]

Hui, irgendwie wird man gar nicht per Mail benachrichtigt, wenn jemand auf einen geschriebenen Beitrag antwortet?

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Über dem ersten Beitrag gibt es den Link/Button "Thema abonieren". Dann bekommst du eine Info.

Erste Schritte - hiermit fängt alles an.

vomsaturn
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Hello, 

und ein erneutes Danke. Deine Tipps sind auf jeden Fall sehr hilfreich! Mangas zeichne ich immerhin schon mal nicht laugh Ich glaube man sollte sich wohl einfach nicht so krass mit anderen vergleichen und den Anspruch haben alles perfekt zu machen, sondern sein Ding durchziehen und sich auf die eigenen Stärken fokussieren. Genau das versuch' ich jetzt auch mal verstärkt so zu machen. Die Website habe ich glaube ich auch schon 100 mal rauf und runter gelesen und nun warte ich nur noch darauf, dass die Hausaufgabe hochgeladen wird. 

Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen für Weißensee! Würde mich freuen zu hören, ob es geklappt hat. :-) 

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spicytuna
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Gut erkannt, junger Padawan. Lass dich nicht einschüchtern, die Notwendigkeit besteht nicht. Wenn es das ist, was du möchtest, wird das auch in deinen Arbeiten sichtbar sein.

Habe anbei gerade noch mal aus Interesse das Aufnahme Prozedere aus dem vergangenen Jahr studiert, scheinbar gibt es gar keine Aufnahmeprüfung im klassischen Sinne mehr, sondern "nur" noch ein Bewerbungsgespräch nach erfolgreicher Mappensichtung. 

Die Hausaufgaben sind übrigens nahezu jedes Jahr ähnlich strukturiert. Es wird eine thematische Gegenüberstellung vorgegeben, bei uns war es damals "altmodisch - modern", welches es gegenstandslos zu visualisieren gilt. Gewünscht wird zudem meist eine abstrakte und eine typografische Umsetzung. Alles in jedem Falle machbar. :-)

Ich drücke dir ebenfalls die Daumen, das kriegst du hin. Ich melde mich mal, wenn ich Becheid weiß. 

vomsaturn
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Hello!

Es hat geklappt mit der Mappe, war heute da. :-) Jetzt muss nur noch das Berwerbungsgespräch gut laufen. Danke nochmal für deine Tipps. 

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