Was ist Rapid Manufacturing?

... und was habe ich als Designer davon? Um das heraus zu finden, haben wir uns für euch mit Bert De Niel gesprochen. Er ist 26 Jahre und ist als Produktentwickler und Projektmanager bei unseren Partner i.materialise / MGX in Leuven (Belgien) tätig. Dort kümmert er sich um die Erweitereung der Designkollektion und die Zusammenarbeit mit externen Designern. 

Hallo Herr De Niel, bitte stellen sie sich kurz vor. 

Hallo, ich bin Bert De Niel, 26 Jahre alt und lebte in Brüssel. Seit etwa 2 Jahren bin ich als Produktentwickler bei .MGX in Leuven, Belgien tätig. Vor meiner Arbeit für .MGX, habe ich integrierte Produktentwicklung in Antwerpen studiert. Während und nach meinem Studium hatte ich die Chance, an einem Austauschprogramm an der University of Art and Design Helsinki, Finnland teilnehmen und ein Praktikum bei Phoenix Design in Stuttgart zu absolvieren. Während dieser Zeit kam ich in Kontakt mit verschiedenen 3D Drucktechniken. 
Mein Job bei. MGX ist hauptsächlich das Projektmanagement von Produkten für den Innenraum und im Beleuchtungsbereich. Ich koordiniere die Arbeit mit externen Designern, an unserer .MGX Kollektion. Für Gewöhnlich werden sie von unserer kreativen Leitung beauftragt neue Designs für unseren Sortiment zu entwickeln. Es kommt aber auch vor, dass wir spontan Entwürfe vorgelegt bekommen. Ich arbeite enge mit ihnen zusammen um die Produkte zu optimieren, damit sie wiederholbar hergestellt werden können und wirtschaftlich machbar sind. Dies wird durch die Bereitstellung von unserem Know-how über die vielfältigen RM-Techniken realisiert. .MGX hat langjährige Erfahrung und Kenntnisse in diesem Gebiet, auf die wir uns hierbei stützen können. Aber es gibt noch eine Menge unbekannter Dinge, da die Techniken relativ neu sind. In vielen Fällen noch ist Forschungs- und Entwicklungsarbeit notwendig, um das Design zu optimieren und somit das Produkt marktfähig zu machen. 

Was ist Rapid Manufacturing? 

Rapid Manufacturing ist im Grunde das gleiche Verfahren wie Rapid Prototyping, beide nutzen additive Fertigungstechniken. Der Begriff RM wird verwendet, wenn die Produkte für den Endverbrauchermarkt produziert werde und nicht als Mock-ups oder Prototypen Verwendung finden, sie sind also als echte Endprodukte bestimmt. Die bekanntesten Techniken die eingesetzt werden, sind Selektives Lasersintern (SLS), Stereolithographie (SLA) und Fused Deposition Modeling (FDM). Bei .MGX setzen wir in der Regel SLS und SLA bei unseren Lampenschirme ein. 

Wo liegen die Vorteile für Designer? 

Additive Fertigungstechniken erlauben nicht nur große Freiheiten im Gestaltungsprozess, sondern auch in Bezug auf die Produktionsmöglichkeiten. Traditionelle Grenzen, wie zum Beispiel die Beachtung fertigungsgerechter Eigenarten, wie z.B beim Gestalten von Spritzgussteilen, sind Geschichte. Produkte mit unvorstellbarer Komplexität können nun hergestellt werden. Auch Einzelfertigung, Kleinserien und Individualisierung der Produkte sind wirtschaftlich machbar. Da die Produktdaten digital vorliegen, können Bestellungen bei Bedarf sofort gebaut werden. Eine aufwendige und kostspielige Lagerhaltung ist nicht notwendig. Die Produkte werden Schicht für Schicht aufgebaut, das erlaubt es dem Designer integrierte Lösungen wie zum Beispiel eine gliedrige Ketten oder bewegliche Zahnräder ohne Montage zu realisieren. 

Worauf sollte man achten? 

Ich glaube, es ist ratsam sich immer die Vorteile der Technologien vor Augen zu halten und damit zu spielen, ohne natürlich die Nachteile zu Vergessen. Die genaue Kenntnis der Möglichkeiten, aber auch deren Grenzen ist Schlüssel zu einem guten Produkt. Ich möchte hier nicht zu sehr ins Detail jeder Technologie gehen, das würde wahrscheinlich zu weit führen. Einer der wichtigsten Dinge, die man jedoch unbedingt im Auge behalten sollte, ist die Bauraumbeschränkungen der Maschinen und der Detaillierungsgrad der produzieren werden kann. Eine gute Kenntnis der Materialien und ihrer Eigenschaften sind bei der Verwendung der RM -Technologie hilfreich. 

Wo liegen die Limits der Methode? 

Die meisten der Grenzen liegen in der Beschränkung der Maschinen. Jede Maschine hat ihre spezifischen Vor-und Nachteile. Alle Maschinen haben ein bestimmtes Bauraumvolumen (d.h. Länge, Breite und Höhe) und eine spezifische Schichtstärke mit denen das Teil aufgebaut wird. Diese bestimmen in der Regel die Detailgenauigkeit die erreicht werden kann. Die meisten Anlagen können das Produkt nur aus einem bestimmten Material bauen. Ein weiterer Aspekt, den man im Auge behalten sollte, ist die Abstützung des Objekts während des Bauprozesses. Aufgrund der verwendeten Technik, benötigen die SLA- und FDM- Technologien bei Bau Trägerstrukturen (Support). Dies bedeutet, dass beim Bauteil, die Überhänge während des Bauprozesses unterstützt werden müssen. Es handelt sich dabei um eine feine Struktur, die später wieder entfernt werden muss. Wäre dies nicht der Fall, würde der Bauprozess gänzlich kollabieren oder zumindest das Objekt fehlerhaft gebaut werden. Deshalb ist bei sehr komplexen Produkten, SLS am ehesten geeignet. Das Bauteil wird durch das verwendetet und nicht verschmolzene Nylonpulver eigebettet und trägt sich selbst. Dieses Pulver wird später einfach durch ausblasen mit Pressluft entfernt. 
Sonderausführungen wie Oberflächenbehandlung, Lackierung und Metallisierung sind möglich, bedeuten aber zusätzliche Handarbeit die in der Regel teurer ist. Allgemein ist der Preis ein weiterer wichtiger limitierender Faktor. Aufgrund der hohen Kosten der Entwicklung und der hohen Kosten der Grundmaterialien sind die Techniken nicht billig. Das Volumen Größe und Komplexität des Designs beeinflusst die Bauzeit, was sich wiederum auf den Preis auswirkt. Aber derzeit gibt es einen großen Boom der die Preise nach unten drückt. So wird RM wird immer mehr Mainstream. Es gibt auch einige Tricks, um den Preis zu senken, z.B. Objekte aus zusammenklappten Strukturen verringern die Bauhöhe, was sich wiederum positiv auf den Preis niederschlägt. Online Dienste wie i.materialise.com stehen neuerdings jedem zu Verfügung und können, durch ein schlankes Online- Auftragsbearbeitungssystem Preise realisieren, die RM für Alle erschwinglich macht. 

Wie geht man am besten vor wenn man mit dem Gedanken spielt etwas mit Rapid Manufacturing herzustellen? 

Am besten ist es mit einer bestimmten Produktionstechnik im Auge zu starten. Das klingt ziemlich seltsam, aber ich denke, dass Rapid Manufacturing als eigenständige Technik wie alle anderen Herstellungstechnologien, z.B. das Spritzgießens oder das Fräßen, betrachtet werden sollte. Die Festlegung auf eine bestimmte Technik im Voraus, hilft dem Designer Probleme im von Anfang an zu vermeiden. Ein wichtiger Punkt, beim exportieren von Daten, wie z.B. Obj oder STL (Standard Dreieck Language), ist es auf die Genauigkeit zu achten, damit das Polygonnetz nicht zu grob wird. Wir empfehlen unseren Designer, die Genauigkeit auf 0,02 mm einzustellen. Vor dem Export ist zu prüfen, dass die Daten aus geschlossenen Volumennetzen bestehen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Wandstärke. Im Allgemeinen ist man mit einer minimalen Wandstärke von 1mm auf der sicheren Seite. 

Wie wählt man das geeignete Material? 

Für uns ist es meist eine Kombination aus Größe, Funktion und Verarbeitungsgenauigkeit. Auf Grund unserer langjährigen Erfahrungen, ist es in den meisten Fällen ganz logisch, welches Material am geeignetsten ist. Für unsere .MGX Lampenschirme sind Materialien wichtig die Wärme vertragen. Dies Tatsache allein begrenzt bereits die Anzahl der Möglichkeiten. 

Wenn es sich um komplexe Bauteile dreht, würde ich SLS empfehlen, da hier keine Stützkonstruktionen benötigt werden. FDM ist eine gute Wahl wenn eine hohe Festigkeit gefragt ist. Für sehr große Bauteile eignen sich unsere Mammut SLA Anlagen, auf denen man Teile mit bis zu 2 Metern Länge, einer Breite bis zu 70 cm und einer Höhe bis zu 80 cm realisieren kann. Die Z-Corp Technologie empfiehlt sich für bunte Bauteile im dekorativen Bereich. Neben farbigen Teilen ist es möglich texturierte Objekte dreidimensional zu fertigen. 

Gibt es ein Projekt von dem sie berichten können, das Rapid Manufacturing besonders gut nutzt? 

Für mich ist das neueste Produkt von Patrick Jouin ein Paradebeispiel für Rapid-Manufacturing. Die Bloom Lampe ist eine Kombination aus einem Lampenschirm aus SLS und einem vakuumgossen Lampenfuß. Dieser vakuumvergossen Fuß wurde ebenfalls unter Verwendung einer RM-Technik gefertigt. Das Urmodell für die Form wurde in SLA erstellt und davon eine Silikonform gefertigt, in der wiederum eine Kleinserie gefertigt wurde. Dieses Vakuum Gießtechnik ist eine echte interessante Technik zur Herstellung von Kleinserien. Der Lampenschirm wurde in SLS als ein Bauteil gefertigt und ist ein kleines Wunder der Technik. Das Ganze mit integriertem Gelenk und Feder-Systeme zu fertigen wäre ohne RM möglich gewesen. So wurden bei der Lampe drei verschiedene RM Techniken verwendet, was ziemlich außergewöhnlich ist. 

Ein weiteres interessantes Produkt ist die Cadence-Lampe. Zusammen mit der Design-Agentur One & Co entwickelten wir einen Lampenschirm mit einer Kettenstruktur. Die Struktur verläuft von oben nach unten, sodass aus einer festen Struktur im Verlauf eine bewegliche Gliederstruktur wird. Die Herausforderung bestand darin, einen fließenden Übergang zwischen den 2 Phase des Lampenschirms zu bekommen. Deshalb mussten wir sicherstellen, dass die Transition immer korrekt ausgeführt wurde. Die Suche nach den richtigen Toleranzen hat einige Anläufe gekostet um es perfekt zu bekommen. Meiner Meinung nach ist das Ergebnis wirklich eindrucksvoll. Zum einen durch den hohen Detaillierungsgrad und zum andrem durch die Tatsache, dass dies Projekt mit keiner anderen Produktionstechnik zu realisieren gewesen wäre. 


Übrigens Filme über die meisten Technologien, die von i.materialise angeboten werden, findet Ihr hier: 

3D Printing technology 
http://vimeo.com/16882178 
http://www.youtube.com/watch?v=YAN-fj77HXc 

Laser sintering 
http://vimeo.com/14737152 
http://www.youtube.com/watch?v=-6ItiCbYFvI 

PolyJet technology 
http://vimeo.com/13935166 
http://www.youtube.com/watch?v=MuDDBqmxO3o 

Stereolithography 
http://vimeo.com/13939214 
http://www.youtube.com/watch?v=ygHVVKkJWlI 

Fused Deposition Modeling 
http://vimeo.com/14292165 
http://www.youtube.com/watch?v=yKHMmKqdI68 

Weitere Material und Technologie Informationen gibt es auf i.materialise.com, hier kann man auch unverbindlich Preise von Bauteilen kalkulieren lassen.

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