Erste Schritte

Vorpraktikum oder das Praktikum als Zugangsvoraussetzung

Was ist ein Vorpraktikum?
Die meisten deutschen Hochschulen, die Designstudiengänge im Angebot haben, verlangen als Voraussetzung zur Immatrikulation eine fachbezogene, berufspraktische Tätigkeit. Dabei variiert die zeitliche Spannbreite von 6 Wochen bis zu 6 Monaten (teilweise sogar bis zu einem Jahr). Die genauen Vorraussetzungen sind bei den einzelnen Hochschulen zu erfragen und meist über die Website ersichtlich.

Was bringt diese Tätigkeit?
Das Vorpraktikum ist in erster Linie dazu da, dem interessierten Studienbewerber Kenntnisse zu vermitteln, auf die er dann im Studium zurückgreifen können sollte. Er bekommt also nicht nur einen wertvollen Einblick in den Arbeits-Alltag seines Traumberufes geliefert, sondern erlernt auch wichtige Techniken und Arbeitsschritte, die er für die Ausübung desselbigen benötigt. Was von den Vorpraktikanten dabei aber gerne übersehen wird: Sie kosten den Betreuern viel Zeit und Geduld. Dinge, die im stressigen Berufsalltag selten vorhanden sind und folglich mehr Belastung als Entlastung bedeuten. Fälschlicherweise ist die Erwartungshaltung an die Bezahlung dann von Seiten des Vorpraktikanten so hoch, dass in den meisten Fällen mit einer Enttäuschung zu rechnen ist. Denn erst in zweiter Linie ist das Vorpraktikum dazu da, Firmen mit günstigen und motivierten Arbeitskräften zu versorgen. Es ist kein Geheimnis, dass sich Firmen an dieser Tatsache auch gerne bedienen. Jedoch müssen auch von diesen die Erwartungshaltungen heruntergeschraubt werden, denn ein Vorpraktikant, der generell über geringe Vorkenntnisse verfügt, kann keine vollwertige Arbeitskraft ersetzen. Zudem reicht die meist kurze Zeit kaum aus, um wirklich produktiv am Firmengeschehen teilzunehmen. Im Idealfall sind sich also sowohl Vorpraktikant als auch betreuende Firma über die zu erwartende gegenseitige Hilfeleistung bewusst, so dass am Ende beide Seiten profitieren.

Warum ist oft mit wenig oder gar keiner Bezahlung zu rechnen?
Wie eben bereits erwähnt, ist das Vorpraktikum eine Tätigkeit, bei der sowohl der Vorpraktikant als auch die betreuende Firma profitieren und somit ein perfekter Ausgleich von Leistung und Gegenleistung stattfindet: ein Geben und Nehmen.
Es gibt einige Firmen, die darüber hinaus ihren Praktikanten trotzdem ein Gehalt auszahlen. Je nach Firma, Firmengröße und Branche sind dabei 250 bis 500 Euro üblich. Auch Leistungs- und Projektabhängige Bezahlung ist in manchen Firmen gang und gäbe. Dabei wird das Gehalt meist als eine Art Aufwandsentschädung gesehen, da dem Praktikanten Kosten wie Anfahrt und Essen entstehen.
Da viele Bewerber vom Elternhaus nicht mehr unterstützt werden (können) und hohe Kosten aus eigener Kraft gedeckt werden müssen, empfiehlt es sich außerdem Kontakt aufzunehmen mit dem Amt für Ausbildungsförderung: Pflicht-Vorpraktika werden durch BAföG unterstützt!

Warum muss das Vorpraktikum so lange dauern?
Die einen Hochschulen verlangen 6 Wochen, die anderen mindestens 6 Monate. Während die 6 Wochen aber wirklich nur als ein Schnupperkurs in Sachen Traumberuf zu sehen sind (in dieser kurzen Zeit sind zwar ganz gute Einblicke in das Berufsbild möglich, jedoch kann nicht erwartet werden, dass man viel lernt, geschweige denn in größere und somit meist interessantere Projekte involviert wird), kann man davon ausgehen, dass in 6 Monaten einiges mehr passieren wird. Ein Vorpraktikant, der die Arbeitsabläufe des Unternehmens schon kennt und sich bei vielen kleinen Projekten bereits bewähren konnte, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit auch verantwortungsvollere und fachbezogenere Aufgaben übertragen bekommen. In der Regel erfolgt diese Integration jedoch erst nach 8-12 Wochen, wenn ein gewisses Level erreicht wurde, welches sowohl einen sehr guten Stand der firmeninternen und fachspezifischen Kenntnisse als auch ein vertrautes Arbeitsverhältnis voraussetzt.

Welche Betriebe kommen in Frage?
Das hängt ganz und gar von der gewählten Studienrichtung ab. Im Folgenden einige Beispiele. Unsicherheiten werden am Besten durch einen Anruf im zuständigen Hochschul-Sekretariat ausgeräumt.

Industrie-/Produkt-Design:
u.a. Modellbau-Werkstätten, Schreinereien, Schlossereien

Mode-Design:
u.a. Maßschneidereien, Theater, Industrie-Nähereien, Prototypen-Ateliers

Transportation-Design:
u.a. Modellbau-Werkstätten, Schreinereien, Schlossereien

Grafik-/Kommunikationsdesign:
u.a. Fotografen, Werbeagenturen, Designbüros, Druckereien

Schmuck-Design:
u.a. Goldschmieden, Silberschmieden, Schlossereien

Inzwischen haben sich viele neue Design-Studiengänge am Hochschul-Horizont etabliert, die durch ihre speziellere Ausrichtung auch etwas speziellere Tätigkeitsbereiche bei einem Vorpraktikum voraussetzen. So sollte zum Beispiel ein angehender Game Designer nach Computerspiel-Produktionen Ausschau halten und ein Interessent für Lighting Design wird am ehesten in Architektur- und Innenarchitekturbüros fündig werden.



Wird das Praktikum auch anerkannt?
Das sollte bereits im Vorfeld geklärt werden, indem mit der betreuenden Firma die von der Hochschule gewünschten Tätigkeiten abgeglichen werden. Es ist außerdem gut möglich, dass die Hochschule bei der Bewerbung auf einen Studienplatz einen Vorpraktikumsvertrag mit Angaben zur Tätigkeit verlangt.
Nach Beendigung des Vorpraktikums sollte der angehende Student dann nicht nur ein Zeugnis vorlegen können, sondern auch einen Bericht, in dem er erklärt, was er während der ganzen Zeit gemacht und was er gelernt hat.

Was mache ich, wenn ich auf Grund von Zivildienst oder Bundeswehr nicht genügend Zeit für ein Vorpraktikum habe?
An manchen Hochschulen besteht die Möglichkeit, das Vorpraktikum innerhalb der ersten Semester nachzuholen. Hierzu solltet ihr einfach mal im Sekretariat anrufen, eure Umständer erklären und nachfragen. Allerdings ist es nicht umbedingt empfehlenswert dies zu tun, da die Kenntnisse und Fähigkeiten meist den Studienalltag erleichtern. Zudem vergibt man damit die Chance, sich vorab einen Einblick zu verschaffen, um zu sehen ob der angestrebte Beruf auch das Richtige ist.

Praktikumsbericht
Die meisten Hochschulen erwarten zur Immatrikulation ein Berichtsheft. Genaue formale Anforderungen sollten dort direkt erfragt werden. Ansonsten bleibt es jedem selbst überlassen, ob er seinen Bericht lieber nach Projekten oder nach Tagen/Wochen/Monaten strukturiert. Solltet ihr einen Bericht erstellen müssen, empfiehlt es sich, am Ende jeden Tages zwei kurze Sätze zu schreiben. Außerdem könnt ihr, falls erlaubt, während der Arbeit jeden Tag ein paar Fotos machen. Diese dienen dann zum einen als Gedächtnisstütze, zum anderen als Illustration eurer Arbeit im Berichtsheft.

Vorpraktikum – Übel oder Chance?
Wie überall im Leben gibt es auch unter den Firmen schwarze Schafe, die noch nicht verstanden haben, dass ein Vorpraktikum in erster Linie dazu da sein soll, dem Vorpraktikanten Kenntnisse zu vermitteln. Die einen übertreiben es, indem Sie zu viel verlangen, die anderen untertreiben es, indem sie schlichtweg ignorieren. In solchen Fällen empfiehlt es sich, das Gespräch zu suchen, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Dennoch sollte man sich auch wieder vor Augen halten, dass das was man im Vorpraktikum erlebt, einen sehr guten Ausblick auf die eigene berufliche Zukunft wiedergibt. Man sollte sich also immer wieder selber fragen: Ist das immer noch genau das, was ich will?
Wenn man merkt, dass jeder Tag eine neue Bereicherung mit sich bringt – neues Wissen, neue Erfahrungen, neue Kontakte – dann kann man sich sicher sein, dass man Schritt für Schritt dem eigentlichen Ziel tatsächlich näher kommt: dem Beruf des Designers. Und dafür lohnt es sich auch ab und zu mal Kaffee zu kochen!

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