Wandel und Wert von Design (Teil 2)

Ein Interview mit Achim Schaffrinna

Die Welt des Designs hat sich für Konsumenten und für Gestalter selbst in den letzten Jahren stark gewandelt. Im ersten Teil haben wir uns mit den Hauptaspekten dieses Wandels, der Digitalisierung und unserer eng vernetzten Welt auseinandergesetzt. Im zweiten Teil geht es um die Auswirkungen auf die Designwelt und die Frage, wie wir Designer damit umgehen können. Wir haben uns mit Achim Schaffrinna, Designer und Autor von designtagebuch.de, über diese und weitere aktuelle Entwicklungen unterhalten.

 

Machen denn alle nur noch die gleichen Dinge?

Durch die digitale Vernetzung, ansprechende Blogs und soziale Netzwerke gehen Informationen und Gestaltungen in rasanter Zeit wie ein Virus durch das Internet. Da einige Kreative den kurzen Weg der konzeptionellen Arbeit beschreiten, erscheinen viele Dinge beliebig und es entstehen immer mehr Ähnlichkeiten in der Gestaltung.  Viele Trends springen uns auf unterschiedlichsten Plattformen immer wieder ins Auge. Als junger Designer geht es also bei Recherche- und Konzeptarbeiten darum, um die Ecke zu schauen und neue, mutige Ansätze zu entwickeln. Trotz der besseren Zugänglichkeit wird es uns Designern also immer schwerer gemacht etwas Einzigartiges zu gestalten.
Zahlreiche Tools, die jeder verwenden kann, scheinen zusätzlich das Ansehen unseres Berufs zu schädigen. Denn wer stellt schon einen Designer an, wenn er sein Logo mit drei Klicks selbst generieren kann? Und das Ganze auch noch kostenlos. Muss uns jungen Designern diese Entwicklung Angst machen? Laut dem erfahrenen Designer Schaffrinna nicht, es handelt sich aber um einen Prozess, der an Hochschulen thematisiert werden muss. Denn Design hat nach ihm den akademischen Status durch kompetente Quereinsteiger verloren. Das müssen wir akzeptieren, Hochschulen müssen sich anpassen und Designer müssen lernen damit umzugehen. Aber auch Unternehmen wagen nur selten den Schritt zu einem mutigen, anderen Aussehen.“Ein neues, ausgefallenes Corporate Design erfordert eine gehörige Portion Mut seitens der Verantwortlichen. Die Unternehmerseite sichert sich durch die Beauftragung bekannter, hochkarätiger Agenturen ab.“ So wünscht Schaffrinna sich mehr Zuwendung zu jungen, frischen Agenturen, die sich nicht durch große Auszeichnungen beweisen müssen.

 

Das Potential zur Lösung gesellschaftlicher Probleme

„Designer sind die, die Dinge schön machen. Aber dass Designer noch viel mehr können, weiß fast keiner.“ Diese Antwort von Schaffrinna zeigt, dass wir Designer ein falsches Bild von uns geben und unsere Potentiale nutzen müssen. Denn Design kann wichtige Funktionen in der Gesellschaft übernehmen. Zwar hat dies für ihn etwas stark idealistisch Getriebenes, aber wir können das Potential von Design durch den Ausbau unserer Kreativität noch mehr ausschöpfen.

Dieses Thema ist  sowohl in den zwei- als auch in den dreidimensionalen Bereich übertragbar. Im aktuellen Thema Flüchtlinge können Kreative zum Beispiel aus allen Richtungen ihren Beitrag leisten. „Ich würde mich nicht als Designer wohlfühlen, wenn wir tatsächlich nur Ästhetik schaffen würden. Es geht darum, weiterzudenken und auch den wirklichen Nutzwert von Design zu hinterfragen.“
Außerhalb der Kreativbranche bekommt man von solchen Lösungen zu wenig mit. Doch wieso ist das so? Aus Schaffrinnas Sicht beginnt dies bereits in der Schule —  dort, wo Design anfängt und der Designbegriff gar nicht auftaucht. „Ein Papierflieger zum Beispiel: Das ist Design, was denn sonst? Man versucht die bestmögliche Form aus Sicht der Aerodynamik zu erhalten und das ästhetisch gestaltete Objekt dazu zu bringen, seine Funktion zu erfüllen.“ Ein simples Beispiel, aber aus der Schule trägt sich diese Ansicht von Design weiter und wir wachsen in einer Gesellschaft auf, in der Design nicht aktiv wahrgenommen wird. Was unseren Gesprächspartner besonders ärgert ist, dass Design unser gesamtes Lebensumfeld umgibt, aber im Feuilleton nahezu gar nicht auftaucht. Theater, Kunst, Musik ... nur nicht Design! „Und da kann man sich natürlich schon fragen: Wie kommt es dazu? Was ist das für eine Entwicklung? Es ist ein großes Problem und eine Frage der Begrifflichkeit, der Sozialisierung, der Ausbildung. Design scheint offenbar nur in ganz wenigen Bereichen wertgeschätzt zu werden, wie Autos oder Mode. Darüber hinaus bemerkt der gemeine Bürger Design nur sehr, sehr wenig.“

Der Wert von Design wird nicht richtig erkannt, weil wir Design nicht erkennen.

Unser Interviewpartner sieht dies als sehr schwieriges Thema und eine hohe Herausforderung für uns Designer. Wir stehen in großer Verantwortung, die wir zu nutzen wissen sollten und sowohl im zwei-, als auch dreidimensionalen Bereich schätzen müssen.
Nach spannenden Diskussionen und Anregungen mit Schaffrinna steht eines für ihn fest: „Man sollte als Designer vermitteln, was man tut.“ Sei das ein Blog, ein Artikel in der Zeitung oder ein einfaches Gespräch im Alltag. “Wenn wir wollen, dass die Gesellschaft Design mehr Wertschätzung gibt — und diesen Wunsch hört man unter den Designern heraus — dann müssen wir selbst et­was leisten. Vielleicht könnte es dann irgenwann einmal so sein, dass auch Kinder beim Anblick eines Papierfliegers sagen: Oh das ist aber ein schönes Design!“

 

 

 

Vielen Dank für das Interview, Achim Schaffrinna.

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